Sonntag, 9. März 2014

Elisabeths Geschichten: Das alte Gartentor

E. Brune © H. Brune
Ein kunstvoll gestaltetes, schmiedeeisernes und weiß gestrichenes Gartentor befand sich hinten im Garten. Direkt vor dem Komposthaufen stand es. Zwei gemauerte und verputzte Säulen bildeten den Rahmen. Sie hatten ihre Krone längst verloren und boten ein trostloses Bild. Ein Eichenbaumsämling, den niemand ausgerissen oder verpflanzt hatte, war inzwischen zu einem recht ordentlichen Baum herangewachsen. Er stand nahe der Gartenpforte, zu nahe, denn ein Teil des Baumes umwuchs bereits die unteren Metallstäbe. Früher führte ein von zwei Buchsbaumreihen gesäumter Weg von einer Seitentür der Deele bis zu dieser Pforte. 

Hinter der Pforte befand sich das sogenannte Pottstück. Der hauseigene Gemüsegarten. Dieses Gemüsestück besaß eine beträchtliche Größe, galt es doch viele Menschen auf dem Hof zu versorgen. Früher lies sich nicht alles so leicht kaufen wie heute. Rechts und links des wohl 40 Meter langen Gartenweges erstreckten sich je 2-3 Meter breite Staudenrabatten. In diesen Staudenrabatten standen in regelmäßigen Abständen halbhohe Sauerkirschbäumchen. Ein traumhafter Anblick zur Blütezeit.

Meine Schwiegermutter hatte diese Anlage geplant und angelegt. Als unsere Kinder zur Welt kamen schob sie sie unermüdlich im Kinderwagen diesen Weg auf und ab. Bis zum Tor fuhr sie und wieder zurück, durch ihr blühendes Paradies und genoss es wohl auch selbst. Alle Kinder zeigen Spaß an der Botanik, vielleicht wurde damals der Keim dazu gelegt. Später, als die Kräfte der Oma nachließen, die Kinder größer wurden und ich alleine für vieles zuständig war, ließ sich dieser Teil des Gartens nicht mehr von mir pflegen. Wir rodeten ihn leider. Allein das zurückschneiden der Stauden im Herbst dauerte Tage. Heute würde man einmal mit der Motorsense darüber gehen und es wäre in nicht mal einem halben Tag getan. Manchmal denke ich voll Wehmut an die vielen wunderbaren Stauden zurück. Ich erinnere mich an gesunde, üppige Pfingstrosen, mit dicht gefüllten, fast purpurfarbenen Blütenköpfen.

Mein jetziger Garten, neu gestaltet, gefällt mir durchaus. Viele Rosen blühen in ihm. Das alte Gartentor hat seit kurzem einen besondern Platz darin gefunden. Zwei mächtige alte Eichenpfähle wurden im richtigen Abstand zu einander in die Erde gegraben. Das Tor mit Hilfe einer Motorsäge aus dem Baum herausgesägt und mit Halterungen an den Pfählen befestigt. Eine alte Kette ersetzt das fehlende Schloss. Zwei Buchsbaumkugeln pflanzte ich rechts und links davon ebenso zwei Rosensträucher. Einmal die Strauchrose "Westerland", eine orange blühende Kordes Züchtung aus dem Jahr 1969, dazu die samtig purpurrot erstrahlende "William Shakespeare", eine David Austin Züchtung aus dem Jahr 2000. Einige Stauden vervollständigen das Idyll.

Wenn der Sommer kommt und alles blüht, wird es ein Stück Gartentraum im Garten seien. Einen Strauss von William Shakespeare Rosen mit ihrem intensiven edlem Duft, brachte ich einmal einer erblindeten Bekannten. Wenn sie die Rosen auch nicht sehen konnte, so dachte ich kann sie sich doch an ihrem warmen Duft erfreuen. So kam es dann auch, sie mochte ihr Gesicht gar nicht mehr aus dem Strauss herausheben.

"Je schöner ein Garten ist, desto mehr schöne Plätze für Rosen ergeben sich von selbst."
-Karl Förster